Der Pfarrer der deutschen Reformierten Kirche in Harrisburg und Umgebung, John Winebrenner (seit 1820),
hatte mit seinem überdenominationellen Denken, seinem Ruf zur Bekehrung und seinem Erweckungseifer
Widerspruch in den Reihen der Kirche erregt und wurde ausgeschlossen. Er gründete 1830 die
"Churches of God in North America" (General Eldership). Nach ihren Grundsätzen dürfen nur Gläubige
als Gemeindeglieder aufgenommen und zum Abendmahl zugelassen werden. Die Gemeinde soll weder Gesetz noch Glaubensbekenntnis haben,
sondern die Schrift als die einzige Norm für Glauben und Wandel betrachten. Die Taufe wird durch Untertauchen vollzogen;
als religiöse Verordnung wird die Fusswaschung geübt. Die geistliche Leitung wird von
der "Generalältestenschaft" wahrgenommen, die alle drei Jahre zusammentritt. Die Gemeinschaft,
die ihre Zentrale in Harrisburg hat, zählt 376 Gemeinden mit 36.995 Seelen (1961).
Im Jahre 1872 bevollmächtigte die West Ohio Eldership Daniel Sidney Warner (1842-1895) als Prediger.
Er hatte als Landschullehrer 1865 eine Bekehrung erlebt, dann am Oberlin College studiert und wirkte nun in der
Missionsarbeit der Gemeinde Gottes Nebraska. Aber als er sich 1877 zur methodistischen Lehre von der völligen
Heiligung bekannte, geriet er in einen Konflikt mit seiner Gemeinschaft. Sie entzog ihm 1878 die Predigtvollmacht.
Um die gleiche Zeit hatte sich eine Gruppe Gleichgesinnter von ihr gelöst und sich als North Indiana Eldership
konstituiert. Sie berief Warner 1878 zum Mitherausgeber ihrer Zeitschrift "The Herald of Gospel
Freedom". 1880 übernahm er diese ganz und vereinigte sie 1881 mit dem Blatt "The
Pilgrim" unter dem Titel "The Gospel Trumpet". Im gleichen Jahr löste
er sich bereits wieder von seiner neuen Gemeinschaft. Er war nämlich zu der von ihm als göttliche Erleuchtung
empfundenen Erkenntnis gelangt, dass die neutestamentliche Gemeinschaft der Gläubigen keine organisierte Körperschaft,
sondern eine Bruderschaft war, dass nicht zwischen sichtbarer und unsichtbarer Kirche unterschieden wurde und dass
die Kirche als Bruderschaft überhaupt nicht organisierbar ist. Die Gemeinde muss darum wieder ihren Charakter
als offene Bruderschaft zurückerhalten, die von Glaubensschranken und organisatorischen Beschränkungen frei
ist. Um eine solche offene, unorganisierte Bruderschaft aller Christen in der ganzen Welt im Rahmen eines "Church
of God Reformation Movement" zu verwirklichen, begann er mit einigen Evangelisten, meist Farmern
und Landarbeitern ganz frei und von freiwilligen Gaben lebendig zu predigen. Hier und dort entstanden
Missionary Homes als Wohnungen für die Evangelisten. Zur Ausbildung von Predigern wurde das Trumpet Home errichtet,
aus dem später ein College (1960: 1218 Studenten) und ein Theologisches Seminar in Anderson erwuchsen. Dort befinden
sich auch die Zentralen des Frauenmissionswerks, des Weltmissionsdienstes, für christliche Erziehung, für
Gemeindeausbreitung, die Radiomission, eine große Versammlungshalle und das Verlagshaus "Gospel
Trumpet". Die einzelnen Gemeinden, in der Church of God (Anderson) zusammengeschlossen, sind selbständig,
aber die Konferenz der Prediger spielte von Anfang an eine verbindende Rolle,
ebenso die jährliche "Lagerversammlung" der Gemeinden (erstmals 1892). Allmählich
wandelten sich die freien Evangelisten in besoldete Prediger um. Auch sonst ist eine gewisse organisatorische
Verfestigung eingetreten. Damit verlor die Gemeinschaft freilich auch ein Stück ihres ursprünglichen
Charakters als offene Bruderschaft. Die Gospel Trumpet Company untersteht der General Ministerial Assembly und
versorgt nicht nur die Gemeinden mit Literatur, sondern stellt auch Mittel für viele andere Aufgaben zur
Verfügung. Nach dem "Jahrbuch der amerikanischen Kirchen" 1967 zählt die Gemeinschaft
in Amerika 2287 Gemeinden mit 143231 Seelen und 1750 Predigern. Sie begann 1897 mit der Mission in Indien.
Jetzt erstreckt sich ihre Missionsarbeit über zwölf Felder in Mittel- und Südamerika, Westindien,
Syrien, Ägypten, Kenia und Japan.
Warner, ein Spross des Pennsylvania-Deutschtums, predigte wie viele seiner Mitarbeiter nicht nur englisch,
sondern auch deutsch. Seit 1895 erschien eine deutsche Ausgabe der Gospel Trumpet. 1901 kam der Farmer und Prediger
George Vielguth nach Deutschland. Er hielt Versammlungen in Hamburg und fand vor allem in Essen Eingang. Auch in
anderen Städten des Ruhrgebiets bildeten sich kleine Kreise. 1907 wurde in Essen ein Missionsheim errichtet.
Weitere amerikanische Prediger kamen herüber und trugen die Arbeit in andere Gebiete Deutschlands (Kassel,
Treysa, Ost- und Westpreussen) und nach Ost- und Südosteuropa bis zum Kaukasus. Es entstanden Gemeinden in
Russland, Polen, Österreich, Ungarn, in der Schweiz und in Rumänien. über die Schicksale der
Gemeinden in der ehemaligen Sowjetunion berichtet das Buch: "Unter der Führung des Allerhöchsten"
von Rudolf Malzon. In Ungarn waren vor dem Ersten Weltkrieg 20 Gemeinden entstanden. Durch die Pfingstbewegung ergaben
sich im Jahre 1925 Spaltungen, und von 1925 bis 1935 hatten sie unter Verfolgungen zu leiden. Die wenigen Gemeinden,
die sich gehalten hatten, bekamen 1942 ein Gottesdienstverbot. Weitere Verluste brachte die Aussiedlung der Deutschen
nach dem Zweiten Weltkrieg. Seit 1947 wurden die Reste wieder gesammelt und gefestigt und weitere kleinere
Ortsgemeinden gegründet.
Seit 1922 wurde die "Evangeliums-Posaune" in Deutschland gedruckt, 1923 das
Missionsheim nach Kassel verlegt und die "Missionszentrale der Gemeinde Gottes e.V." gegründet.
Eine Bibelschule, 1932 in Kassel ins Leben gerufen, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg nach Fritzlar verlegt. Sie bildet
unter der Aufsicht der Gesamtpredigerschaft Diakone und Gemeindehelfer in zweijährigen und Prediger in vierjährigen
Kursen aus. Das Schrifttum der Gemeinschaft wird seit 1952 von der mit amerikanischer Hilfe eingerichteten Gemeindedruckerei
"Wickenburg" in Essen herausgegeben. In Gudensberg wurde 1968 ein Altenheim eröffnet.
In der Bundesrepublik gibt es 46 Gemeinden (Stand 1968) hauptsächlich im Ruhrgebiet, in Niedersachsen, Hamburg
und Hessen, in der Schweiz vier. 25 Prediger und eine Anzahl Helfer betreün 65 Versammlungsplätze. Bochum
ist alljährlicher Tagungsort der achttägigen internationalen "Lagerversammlung".
Von den Gemeindezugehörigen wird der Kirchenaustritt nicht ausdrücklich gefordert. Er ergibt sich aber
im Allgemeinen von selbst.
Für die Lehre der Gemeinde Gottes ist neben dem Ziel zum siegreichen Leben, das Streben kennzeichnend,
unter überwindung der konfessionellen und denominationellen Zerrissenheit der Kirchen die Einheit, Reinheit
und unmittelbare göttliche Leitung der christlichen Gemeinde zu verwirklichen. Über den Heilsweg
heißt es in einer aus 13 Punkten bestehenden Zusammenfassung der Glaubenslehren der Gemeinde Gottes:
-
"Wir glauben, dass jeder Mensch durch eine echte Bekehrung in Reue und Buße sich zu Gott wenden
muss, um auf diese Weise das Heil in persönlichem Glauben zu ergreifen. Dann ist er wiedergeboren und ein Kind Gottes.
-
Wir glauben, dass die Wiedergeburt, die der Heilige Geist wirkt, die erste, grundlegende Erfahrung ist, durch die
wir Kinder Gottes werden. Gott hat aber noch eine zweite Erfahrung für seine Kinder bereitet, nämlich
unsere Heiligung, den Empfang seines guten Heiligen Geistes, den die Welt nicht empfangen kann, sondern nur die Kinder Gottes.
-
Wir glauben an ein volles Heil, eine völlige Erlösung und dass diese Erfahrung, die uns zu einer neuen
Kreatur macht, uns befähigt, durch die Kraft des Blutes Christi ein Siegesleben über die Sünde zu
führen. Wir können durch die Gnade in der Gnade stehen und ein heiliges, Gott wohlgefälliges
Leben führen, obgleich wir fehlerhafte Menschen bleiben, die auch als Gotteskinder zur Sünde versucht
werden und der Ermahnung bedürfen (
Evangeliums-Posaune 1957/21)"
Diese wiedergeborenen und zum vollen Heil gelangten Gläubigen bilden die "Braut Christi",
die "Gemeinde Gottes". Sie kann nicht durch eine menschliche Organisation dargestellt werden.
Sie ist auch keine Vereinigung, der man sich anschließen kann. Sie ist vielmehr ein "Organismus,
zu dem der Herr die Tür ist und in den er selbst die Glieder einfügt". Sie steht jenseits aller
organisierten Kirchen, ist die Herde Christi, der Wohnort des Herrn, und wird ohne menschliche Zwischenschaltung durch
den Heiligen Geist unmittelbar geführt. Alle Wiedergeborenen gehören ihr an. "Alle Glieder der
Gemeinde Christi sind von ihren Sünden errettet. Kein Sünder ist darin
(E. Martin, Was ist die Gemeinde Gottes? 1935).
"Wer nicht wiedergeboren ist, kann auch nicht Mitglied der Gemeinde Gottes sein, der Wiedergeborene wird es
automatisch.
Aber nun ist diese Gemeinde zunächst etwas Unsichtbares, eine unbekannte Zahl von Wiedergeborenen,
die über alle Kirchen verstreut sind, einander nicht kennen und nur Gott bekannt sind. Wie kann ihre Einheit und
Gemeinschaft verwirklicht werden? Die Kinder Gottes versammeln sich in der Gemeinde des Herrn, zu der sie durch die
Wiedergeburt gehören. Ziel ist, dass alle Wiedergeborenen auch sichtbar in der wahren "Gemeinde
Gottes" vereinigt wären.
Die Kinder Gottes bilden Ortsgemeinden und schließen sich keiner menschlich organisierten Gemeinde an,
damit die Spaltung im Leibe Christi aufhöre.
Diese Ortsgemeinden wollen keine "Organisationen" sein, also keine konkurrierende
Parallele zur Kirchengemeinde bilden. Es gibt darum auch keine Mitgliedsaufnahme und Mitgliederliste.
"Der Herr selbst führt das Verzeichnis der Namen der Gemeindeglieder"
in dem Buch des Lebens. Er hat seiner Gemeinde in seinem Wort die Ordnung und auch den
Namen "Gemeinde Gottes" gegeben
(Apg. 20,28; 1.Kor. 1,1 f.; 10,32; 11,16; 15,9; Gal. 1,13; 1.Thess. 2,14; 2.Thess. 1,4; 1.Tim. 3,5.15).
Die Ortsgemeinden "halten gemeinsam ihre regelmäßigen Gottesdienste ab,
wirken für die Ausbreitung des Evangeliums und sind Seelenretter im wahrsten Sinne des Wortes".
Die Gemeinde Gottes übt drei "Verordnungen" Jesu - der
Begriff "Sakrament" wird nicht benutzt: die Erwachsenentaufe durch Untertauchen,
das Abendmahl und die Fußwaschung. Da sie sich aus bekehrten Christen zusammensetzt, muss sie auch als
Leib Christi durch den Gebrauch der ihr verliehenen geistlichen Gaben (z.B. Glaubensheilung) sichtbar in
Erscheinung treten. Ein verbindliches Glaubensbekenntnis wird abgelehnt. Allein die Heilige Schrift ist Richtschnur
des Glaubens, und die christliche Einheit kann durch das Einssein in Christo verwirklicht werden.
Über die Entwicklung der Gemeinde Gottes ab 1970 wird ein extra Bericht erstellt. (FF Team).
Literatur:
- Smith, Was die Bibel lehrt.
- Ders., Was die Offenbarung erklärt.
- Orr, Das verborgene Leben mit Gott.
- Berry, Die wichtigsten Lehren der Bibel.
- Ders., Die Entscheidungsstunde.
- Gray, Systematische Bibelstudien.
- Riggle, Die Sabbat- und Sonntagsfrage.
- Ders., Hölle und ewige Verdammnis.
- Byrum, Die Taufe des Heiligen Geistes.
- Heffren, Die heilsame Lehre.
- Zur Geschichte der Gemeinde Gottes in Amerika:
Vergilius Perm, The American Church of the Protestant Heritage. 1953, S. 435 ff. (Aufsatz von Charles Ewing Brown).
- In Deutschland: Gerhard Klabunde, 50 Jahre Gemeinde Gottes, Essen 1907-1957.
Auszug aus einem Konversationslexikon 1968
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